PC I (SS 2001)
Vorlesung: Chemisches und elektrochemisches Gleichgewicht
Die Vorlesung (2 SWS) knüpft an die Vorlesung PC 0 im WS 2000/01 an und beginnt mit einer Wiederholung der thermodynamischen Grundbegriffe und einiger thermochemischer Grundlagen. Ziel ist die Vermittlung der wichtigsten Grundlagen der klassischen Thermodynamik, aber auch der Fähigkeit, mit thermodynamischen Tabellenwerken selbständig arbeiten zu können.
- Erster Hauptsatz der Thermodynamik (Ergänzungen)
1.1. Expansion von Gasen
Ideale Gase: freie Expansion ins Vakuum, zweites Gesetz von Gay-Lussac, isotherme reversible Expansion, maximale Arbeit, adiabatische Expansion gegen äusseren Druck, adiabatisch-reversible Expansion, Poissonsche Adiabatengleichung, Adiabaten und Isothermen; reale Gase: freie Expansion ins Vakuum, Experiment von Joule, isenthalpe Expansion, Joule-Thomson-Experiment, Joule-Thomson-Koeffizient, Lindeverfahren - Zweiter Hauptsatz der Thermodynamik
Begrenzte Aussagekraft des ersten Hauptsatzes, Richtung von chemischen Prozessen
2.1. Formulierungen des zweiten Hauptsatzes
Spontane Vorgänge, Irreversibilität, perpetuum mobile zweiter Art, Entropie als Zustandsfunktion, Entropiedefinition
2.2. Entropieänderungen bei thermodynamischen Prozessen
Isotherme reversible Expansion, irreversible Expansion ins Vakuum, Erwärmung eines Gases, Phasenübergänge
2.3. Wärmekraftmaschinen
Carnotscher Wirkungsgrad, Carnotscher Kreisprozess, ideales Gas und reale Systeme, thermodynamische Temperaturskala - Kombination von erstem und zweitem Hauptsatz
Aussagen über isolierte und nicht-isolierte Systeme, Clausiussche Ungleichung
3.1. Thermodynamische Gleichgewichtsbedingungen
Helmholtz- oder freie Energie A, maximale isotherme Nutzarbeit, Gibbsenergie oder freie Enthalpie G, maximale isotherm-isobare Nutzarbeit
3.2. Fundamentalgleichungen der Thermodynamik und thermodynamische Potentiale
Energetische Fundamentalgleichung, Maxwell-Beziehungen, thermodynamische Potentiale, Herleitung offengebliebener thermodynamischer Zusammenhänge
3.3. Temperaturabhängigkeit und dritter Hauptsatz
Molwärmen, Gleichverteilungssatz, Gase, Flüssigkeiten, Festkörper, Regel von Dulong-Petit, latente Wärmen, Kirchhoffsches Gesetz, Nullpunkt der Energie und der thermodynamischen Potentiale, Temperaturabhängigkeit der Entropie, Bedeutung von absoluten Entropien, Beispiel HCl, Nernstsches Wärmetheorem, dritter Hauptsatz, Triebkraft chemischer Reaktionen aus kalorimetrischen Messungen, Planck-Funktion, Gibbs-Helmholtz-Gleichung
3.4. Druckabhängigkeit
Druckabhängigkeit der Gibbsenergie, kondensierte Materie, Gase, chemisches Potential, reale Gase, Fugazität, Fugazitätskoeffizient, Standardzustand als hypothetischer Zustand
3.5. Stoffmengenabhängigkeit
Offene Systeme, Erweiterung der Fundamentalgleichungen, Reaktionslaufzahl, Gleichgewichtsbedingung für chemische Reaktionen - Chemisches Gleichgewicht in der Gasphase
Massenwirkungsgesetz, Gleichgewichtskonstante
4.1. Berechnung von Gleichgewichtszusammensetzungen
Stoffbilanzen, Kp, Kf, Kc, Kx
4.2. Berechnung von Gleichgewichtskonstanten
Tabellenwerke, Referenzzustand, JANAF-Tabellen, Beispiele
4.3. Gleichgewichtsbeeinflussung
Katalysator, Temperatur, Druck, Prinzip des kleinsten Zwanges - Phasengleichgewicht in Einstoffsystemen
5.1. Stabilität von Phasen
Gleichgewichtskriterium, metastabile Phasen, μ/T-Diagramm, Tripelpunkt
5.2. Klassifikation von Phasenübergängen
Phasenübergang 1. Ordnung, Cp-Singularität, Phasenübergang 2. Ordnung nach Ehrenfest und nach Tisza (λ-Übergang), Beispiele
5.3. Koexistenzkurven
Clapeyron-Gleichung, Clausius-Clapeyron, Pictet-Trouton, Ausnahmen
5.4. Grenzflächenthermodynamik
Erweiterung der Fundamentalgleichungen, Grenzflächenspannung, Oberflächenspannung
5.5. Dampfdruck kleiner Tröpfchen
Kelvingleichung, Übersättigung - Phasengleichgewicht in Mehrstoffsystemen
6.1. Partielle molare Größen
Partielles Molvolumen, Satz von Euler, Gibbs-Duhem-Beziehung, partielle molare Gibbsenergie, Maxwell-Beziehungen
6.2. Thermodynamik von Mischungen
Freie Mischungsenthalpie, Mischungsentropie, ideale Mischung, reale Mischung, Exzessgrößen
6.3. Bezugszustände für das chemische Potential
Chemisches Standardpotential, Konzentrationsterm, Realkorrektur, Aktivitätskoeffizient, Aktivität, Bezugszustand, Konventionen, Reinstoff und unendliche Verdünnung, Konzentrationsskalen, Einfluss auf das chemische Gleichgewicht
6.4. Kolligative Eigenschaften
Osmose, van't Hoff-Gleichung, Virialentwicklung
6.5. Phasenregel von Gibbs
Komponenten, Freiheitsgrade, Tripel- und Quadrupelpunkte, Beispiele
6.6. Phasendiagramme
Entmischung von Flüssigkeiten, kongruent schmelzende Verbindungen, ternäre Systeme, Dreieckskoordinaten, Nernstscher Verteilungssatz - Elektrochemische Zellen
7.1. Terminologie und Typen
Galvanische Zellen, Elektrolysezellen, Halbzellen mit und ohne Überführung
7.2. Elektrochemisches Potential
Elektromotorische Kraft, elektrochemisches Gleichgewicht, Vorzeichenkonventionen
7.3. Nernstsche Gleichung und Spannungsreihe
Standardwasserstoffelektrode, Mehrelektronenübergänge, Konzentrationsketten
7.4. Anwendungen
Batterien, Akkumulatoren, Brennstoffzellen, pH-Elektroden, elektrochemische Synthesen
- Chemisches Gleichgewicht in Mehrphasensystemen
Phasengleichgewicht und chemisches Gleichgewicht, Überbestimmtheit
8.1. Heterogene fest-gas Reaktionen
Technische Bedeutung, Beispiel Boudouard-Gleichgewicht, Kalkbrennen, Berechnung der Gleichgewichtskonstante
8.2. Heterogene fest-flüssig Reaktionen
Auflösung eines Festkörpers, Löslichkeitsprodukt - Systematische Thermodynamik und Rückblick
9.1. Postulate
Gleichgewichtszustände, Charakterisierung durch extensive Zustandsgrößen, Entropiemaximumprinzip, Entropie- und Energieform der Fundamentalgleichung, U(S)-Verlauf
9.2. Intensive Größen und Gleichgewicht
Potentiale, thermisches, mechanisches und chemisches Gleichgewicht, energetische Fundamentalgleichung in differentieller und integraler Form, Gibbs-Duhem-Beziehung
9.3. Legendre-Transformation
Intensive Grössen als abhängige Variablen, Informationsverlust bei Differentialbildung, Legendre-Transformation, Minimal- und Maximalprinzipien für Gleichgewicht
9.4. Maxwell-Beziehungen
Satz von Schwarz, mnemotechnisches Diagramm
9.5. Phasen- und Reaktionsgleichgewichte
Analogien zwischen Stoffaustausch und Stoffumwandlung
Literaturempfehlung
Ein gutes allgemeines Lehrbuch der Physikalischen Chemie (Atkins, Berry/Rice/Ross, McQuarrie/Simon, Wedler, Alberty/Silbey, Moore/Hummel, ...) reicht mehrheitlich aus. Bei angelsächsischen Autoren ist in der Regel die englischsprachige Originalausgabe zu empfehlen (Preis, Aktualität, wichtige Sprachübung). Einige Monographien zur Thermodynamik (subjektive Auswahl): Rau/Rau, Chemische Gleichgewichtsthermodynamik, Vieweg, 1995, ISBN 3-528-06503-6 (anschauliche Einführung, besonders empfehlenswert, wenn man Schwierigkeiten mit dem Stoff hat); Reich, Thermodynamik, VCH, 1993, ISBN 3-527-28266-1, 52 DM (anschauliche Einführung); Denbigh, Prinzipien des chemischen Gleichgewichts, Steinkopff, 1974 (Klassiker, evtl. vergriffen); Kortüm/Lachmann, Einführung in die chemische Thermodynamik, 1981, VCH, ISBN 3-527-25881-7; Sommerfeld, Thermodynamik und Statistik, 1988, Harri Deutsch, ISBN 3-87144-378-6 (Klassiker, auch für das Proseminar); Callen, Thermodynamics and an Introduction to Thermostatistics, Wiley, 2. Auflage nur hardcover und relativ teuer, ca. 160 DM (ausgezeichnete sytematische Einführung, besonders bei vertiefter Beschäftigung mit den grundlegenden Zusammenhängen); und als Repetitorium: W. Schneider, Repetitorium Thermodynamik, 1996, ISBN 3-486-23844-2
PS I (SS 2001)
Proseminar: Grundlagen der Statistischen Thermodynamik
Das Proseminar (1 SWS, direkt vor der Vorlesung) ergänzt und erklärt die Phänomene der klassischen Thermodynamik durch molekulare, statistische Betrachtungen und Berechnungen. Ziel ist die Vorhersage von stofflichen Gleichgewichten aus spektroskopisch messbaren Moleküleigenschaften. Proseminar und Vorlesung bilden eine Einheit und es werden zahlreiche Querbezüge hergestellt.
- Energieniveaus der Moleküle
Translation, Rotation, Schwingung, elektronische Anregung, relative Größenordnung - Verteilungen
Verteilungsfunktion, Würfelanalogie, Mikrozustand, Makrozustand, thermodynamische Wahrscheinlichkeit, Stirling-Formel, wahrscheinlichster Makrozustand, Scharmittel, Zeitmittel, Entartung, Fermionen, Bosonen, Lagrange-Multiplikatoren, Maxwell-Boltzmann, Fermi-Dirac, Bose-Einstein Statistik, Boltzmann-Verteilung, molekulare Zustandssumme, T-Abhängigkeit, harmonischer Oszillator, Gesamtenergieberechnung - Kanonische Gesamtheit
Mikrokanonische, kanonische und großkanonische Gesamtheiten, Ensemblepostulat, kanonische Zustandssumme, innere Energie, Breite der Verteilung, unterscheidbare Subsysteme ohne Wechselwirkung, ununterscheidbare Subsysteme ohne Wechselwirkung - Berechnung von Zustandssummen
Separation von Energie und Zustandssumme, Translationszustandssumme, Integralnäherung, Rotationszustandssumme, Symmetriezahl, charakteristische Temperatur, Schwingungszustandssumme, elektronische Zustandssumme, praktische Formeln, Beispiele - Molwärmen von Gasen
(direkter Bezug zu Kap. 3 von PC I)
Translationsbeitrag, Gleichverteilungssatz, Rotationsbeitrag, T-Abhängigkeit, Schwingungsbeitrag, zweiatomige Moleküle, Abweichungen - Statistische Entropie
(direkter Bezug zu Kap. 2 von PC I)
Statistischer Ansatz für die Entropie, Überprüfung der Maximaleigenschaft, Temperatur, Interpretation, dritter Hauptsatz, Entropie und kanonische Zustandssumme, Sackur-Tetrode-Gleichung, Absolutberechnung von Gasentropien - Thermodynamische Anwendungen
(direkter Bezug zu Kap. 4 von PC I)
Berechnung thermodynamischer Potentiale aus der Zustandssumme, chemisches Potential und chemisches Gleichgewicht, Berechnung eines Dissoziationsgleichgewichts in der Gasphase - Statistische Thermodynamik idealer Kristalle
(direkter Bezug zu Kap. 3 von PC I)
Einstein-Modell, charakteristische Temperatur, Molwärme, Kurvendiskussion, Vergleich mit Experiment, Debye-Modell, Grenzfrequenz, T 3-Gesetz - Statistische Thermodynamik von Elektrolytlösungen
(direkter Bezug zu Kap. 7 von PC I)
Ion-Ion-Wechselwirkung, Debye-Hückel-Theorie, konzentrierte Elektrolytlösungen - Statistische Thermodynamik von Metallen
(direkter Bezug zu Kap. 3 von PC I)
Drude-Modell, Fermi-Dirac-Statistik, Fermienergie, Molwärmebeitrag, de Broglie-Wellenlänge, Brillouinzonen, Energiebänder
Literaturempfehlung
Ein gutes allgemeines Lehrbuch der Physikalischen Chemie (Atkins, Berry/Rice/Ross, McQuarrie/Simon, Wedler, Alberty/Silbey, Moore/Hummel, ...) reicht auch hier mehrheitlich aus. Bei angelsächsischen Autoren ist in der Regel die englischsprachige Originalausgabe zu empfehlen (Preis, Aktualität, wichtige Sprachübung). Einige Monographien zur statistischen Thermodynamik (subjektive Auswahl): Chandler, Introduction to Modern Statistical Mechanics, Oxford University Press, 1987, ISBN 0-19-504277-8, ca. 60 DM; Bowley-Sanchez, Introductory Statistical Mechanics, Oxford Science Publications 1996, ISBN 0-19-851793-9, ca. 50 DM (relativ einfach); Garrod, Statistical Mechanics and Thermodynamics, Oxford University Press 1995, ISBN 0-19-508523-X, ca. 100 DM (sehr physikalisch orientiert, mit einigen Fortran- und Graphikprogrammen zu einfachen Simulationen)